(Große) Firmen sind fragmentiert in viele verschiedene Abteilungen und in verschiedene Zuständigkeitsbereiche. Jede mit anderen Zielen und Ansichten. Sie arbeiten oft abgekapselt in ihrem eigenen kleinen Universum. Der Leidtragende dabei ist meistens der Endkunde. Firmen leben in Abteilungen. Kunden werden Produkte nicht nur in einem bestimmten Marken-Universum recherchieren, sondern dort worauf sie Zugriff haben, z.B. im gesamten Internet, d.h. Amazon, eBay, Vergleichsportale etc.. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein Nutzer nur im Universum einer Firma oder Marke bewegt, ist eher gering. Daher ist es wichtig, bereits im Prozess der Entscheidungsfindung eine Rolle im Kopf des Endkunden zu spielen. Jeder Touchpoint mit der Marke beeinflusst dabei das Bild der Marke im Kopf des Nutzers.
Konsistenz ist ein wichtiger Faktor in einem Omnichannel-Experience. Konsistenz schafft Vertrauen und Wiedererkennungswert der Marke. Wenn also ein Teil dieser Customer Journey nicht mit dem Rest übereinstimmt, entwickelt sich das Bild im Kopf des Nutzers negativ. Ein negatives Erlebnis bleibt dabei eher in Erinnerung als ein positives.
Wir als UX Designer beschäftigen uns häufig mit individuellen Interaktionen, die Einfluss auf die Customer Journey haben (z.B. Platzierung eines "Zum Warenkorb hinzufügen" auf einer Produktdetailseite). Das ist das Mikro-Level der User Experience. Über alle dem gibt es eine höhere Ebene, ein Makro-Level der User Experience, die sogenannte Omnichannel oder Crosschannel User Experience.
"User Experience" umfasst per Definition jede Endnutzerinteraktion mit dem Unternehmen, den Services und der Produkte! Da sich aber bei vielen Unternehmen die Entwicklung von Maßnahmen in verschiedenen Abteilungen stattfinden, haben sich Silos gebildet. Die gesamte Customer Journey zu betrachten ist also eigentlich eher "Back to the roots!".
Warum ist es wichtig, die gesamte Customer Experience zu betrachten?
- Sich ständig weiterentwickelnde Devices und Technologien: Neue Devices wie Smartphones, Tablets und Smartwatches ermöglichen neue Wege, wie Kunden mit der Marke interagieren können (und werden). Diese neuen Wege ermöglichen viele Möglichkeiten, die Customer Experience zu verbessern (oder eben zu verschlechtern).
- Unendlich viele Interaktionsmöglichkeiten: Die vielen persönlichen Devices, die Nutzer besitzen, bieten unterschiedliche Interaktionsmöglichkeiten mit der selben Organisation. Ein Smartphone kann heute genutzt werden um die Website aufzurufen, per App zu bezahlen, die Hotline anzurufen, Unternehmensnachrichten über soziale Kanäle erhalten und e-Mails verschicken und erhalten. Alle diese Kanäle finden beim Nutzer auf einem Gerät statt, aber verschiedene Abteilungen arbeiten an den Kanälen. Je mehr Channel es gibt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit Fehler zu machen. Aber auch die Chance ein gutes Erlebnis zu liefern.
- Steigende Nutzererwartungen und verändertes Nutzerverhalten: Die neuen Interaktionsmöglichkeiten verändern auch die Erwartungen und das Verhalten der Nutzer. Die neuen Devices ermöglichen es den Nutzern optimierte, personalisierte und angenehme Customer Experiences zu nutzen und sie erwarten das mittlerweile auch. Sie sind es gewohnt selber zu bestimmen, wann und mit welchem Device Inhalte für mich verfügbar sind. Sie haben die Kontrolle über ihre Journey und nicht umgekehrt. Das kann zum Beispiel bedeuten, ich möchte auf dem Heimweg von der Arbeit meinen Warenkorb auf dem Smartphone zusammen stellen und zu Hause auf dem Tablet die Bestellung abwickeln.
Merkmale eines guten Omnichannel Experiences
Eine gute Customer Experience ist das Ergebnis eines gut designten Omnichannel Ökosystems. Um das zu erreichen, muss das Unternehmen herausfinden und verstehen woher seine Nutzer kommen und welchen Weg sie über ihre (und andere?) Kanäle und Geräte gehen. Für den Nutzer ist die gesamte Journey das positive oder negative Erlebnis mit der Marke und nicht jeder Touchpoint ein individuelles Erlebnis. Der Nutzer denkt nicht in Kanälen und Devices, also wird er ein fragmentiertes Nutzererlebnis nicht verstehen oder tolerieren.
Multichannel ≠ Omnichannel
Dafür reicht es nicht, auf allen Kanälen zu existieren. Es darf nicht nur die jeweilige Experience AUF einem Kanal betrachtet werden, sondern auch die Übergänge und Erlebnisse ZWISCHEN den Kanälen (bedeutet auch: Seiten außerhalb des Unternehmens-Universums).
- Konsitent: es muss ein konsistentes, zusammenhängendes und bekanntes Erlebnis über alle Kanäle existieren. Das ermöglicht Vertrautheit mit dem System, Lernfähigkeit (mache ich immer so!), Effizienz und Vertrauen in die Marke.
- Optimiert: Individuelle Kanäle müssen für den jeweiligen Kanal optimiert sein, sowie für das Device und den Kontext in dem es genutzt wird. (z.B. optimiertes Erlebnis für iOS auf iOS Devices und für Android auf Android Devices, usw. – ohne dabei die Konsistenz zu vernachlässigen!)
- Nahtlos: Der Übergang zwischen den Kanälen muss so einfach wie möglich sein. Die Nutzer müssen dort weiter machen können, wo sie aufgehört haben, wenn sie während eines Prozesses zwischen den Kanälen wechseln.
- Arrangiert: Nutzer proaktiv durch ihre individuelle Journey begleiten, mit den richtigen personalisierten Interaktionen und Informationen zur richtigen Zeit.
- Kollaborativ: Die Customer Journey durch das Zusammenspiel der verschiedenen Kanäle und Devices bereichern. Zum Beispiel Login auf der Desktopseite durch Authentifizierung des Fingerabdrucks auf dem Smartphone oder einfache Sachen wie "Login mit Facebook")
Quellen:
https://www.nngroup.com/articles/customer-journeys-omnichannel/
https://www.nngroup.com/articles/omnichannel-consistency/
https://www.nngroup.com/articles/definition-user-experience/
http://uxmag.com/articles/designing-for-different-online-personality-types